Black Mirror im Test für PC und PS4: Ein ​Reboot zum Fürchten

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Test Felix Schütz - Redakteur 26,99 €
Black Mirror im Test für PC und PS4: Ein ​Reboot zum Fürchten
Quelle: PC Games

Mit schwammiger Steuerung und altbackener Inszenierung entpuppt sich der Reboot als schwarzer Fleck auf King Arts weißer Adventure-Weste. Was ist da schief gelaufen? Im Test zu Black Mirror suchen wir nach Antworten. Update: Jetzt mit PS4-Wertung.

Leah entwickelt sich schnell zu Davids fester Begleiterin. Spielbar ist sie allerdings nie. Quelle: PC Games Leah entwickelt sich schnell zu Davids fester Begleiterin. Spielbar ist sie allerdings nie. Selbst nach dem Durchspielen gibt uns Black Mirror (jetzt kaufen 18,03 € / 26,99 € ) immer noch Rätsel auf: Wie konnte der Reboot der beliebten Gruselserie nur so mittelmäßig geraten? Immerhin stecken doch die Edel-Bremer von King Art dahinter, die das wunderbare The Book of Unwritten Tales erfanden, die sich mit Die Zwerge als starke Geschichtenerzähler bewiesen und die sogar schon an Black Mirror 2 mitwirkten. Beste Voraussetzungen! Doch an die Qualität der früheren Titel kommt das neue Black Mirror im Test leider nie heran.

Hinweis: Der Test wurde um eigene Screenshots, ein Gameplay-Video und die PS4-Wertung ergänzt.

Black Mirror im Test: Gruseln für Anfänger

Das neue Black Mirror ist nicht Black Mirror 4. Stattdessen kehrt das Spiel zu den Anfängen der Adventure-Serie von 2003 zurück und interpretiert die Geschichte der verfluchten Familie Gordon neu - inklusive frischer Charaktere und einiger Überraschungen, die den Reboot sowohl für Serienkenner wie auch für Neueinsteiger reizvoll machen sollen. Ihr spielt diesmal den jungen Mann David Gordon, der im Jahr 1926 auf seinen uralten schottischen Familiensitz zurückkehrt, nachdem sein Vater dort im Wahn Selbstmord begangen hat. In dem unheimlichen Gemäuer entdeckt David schnell erste Hinweise auf einen uralten Fluch, der angeblich auf seiner Familie lasten soll - und der ihm, dem letzten Nachkommen der Gordons, ebenfalls den Verstand rauben könnte. Mit von der Gruselpartie sind die üblichen Verdächtigen: Ein mürrischer Butler, eine strenge Hausherrin, ein unheimlicher Gärtner, ein Anwalt und dazu noch ein paar Nebenfiguren, die das Ensemble abrunden.

20:05
Black Mirror: Gameplay-Video - Die ersten 20 Minuten aus dem Reboot

Auch sonst kann Black Mirror seinem Konzept nur wenig Neues abgewinnen. Euch erwarten vorhersehbare Dialoge sowie ausgedehnte Spaziergänge durchs Gruselhaus: Einen Großteil der sechs- bis siebenstündigen Spielzeit verbringt man damit, David durch das finstere Anwesen zu steuern und Briefe, Unterlagen, Tagebücher oder antike Schriftstücke zu finden, die in Schubladen, Schreibtischen und anderen Orten deponiert sind. Darin wird die lineare Geschichte schon nach wenigen Stunden entzaubert, weshalb die Autoren in der zweiten Spielhälfte mehrere Versuche unternehmen, um mehr Spannung und Überraschungen zu bieten. So fährt Black Mirror tatsächlich noch ein paar interessante Szenen auf, die jedoch meist unglaubwürdig aufgelöst werden und wie aneinandergereiht wirken. Wenn die zunächst geschockten Hausbewohner keine zwei Minuten nach einer furchtbaren Tragödie beschließen, einfach schulterzuckend schlafen zu gehen, dann verpufft die Spannung so schnell, wie sie gekommen ist.
In Davids geisterhaften Visionen erfährt er die Wahrheit über seinen grausamen Großvater. Quelle: PC Games In Davids geisterhaften Visionen erfährt er die Wahrheit über seinen grausamen Großvater. Auch die wenigen Momente, in denen David von Visionen geplagt wird, entpuppten sich als erzählerische Tiefschläge: Hier erleben wir in Endlossschleife, wie der Geist von Davids Großvater in Gestalt einer blau schimmernden Polygonfigur längst vergangene, grausame Taten begeht - bis wir einfach zu ihm hinübergehen und die Aktionstaste drücken. Wer das (warum auch immer) nicht hinbekommt, wird von dem Geist umgebracht und muss dann einen früheren Checkpoint laden, der in der Regel mehrere Minuten zurückliegt. Absoluter Tiefpunkt: Einmal liegt ein Autosave sogar vor einem der wenigen Rätsel, in dem wir ein verkohltes Schriftstück aus Papierfetzen zusammensetzen müssen - wer danach stirbt, muss die ganze Aufgabe wiederholen, denn freies Speichern ist in den Geistersequenzen deaktiviert.

Black Mirror im Test: Story schlägt Rätsel

Black Mirror bietet nur sehr wenige Rätsel, die meisten von ihnen fallen anspruchslos aus. Dafür steht die Story im Vordergrund. Quelle: PC Games Black Mirror bietet nur sehr wenige Rätsel, die meisten von ihnen fallen anspruchslos aus. Dafür steht die Story im Vordergrund. Die hohe Rätseldichte der drei Vorgängerspiele ist passé, das neue Black Mirror konzentriert sich voll auf seine Geschichte. Darum bietet das Spiel im Test kaum sammelbare Items und nur eine Handvoll klassischer Rätsel, die meisten davon kinderleicht. Aus diesem Grund besonders schade: Obwohl die Handlung klar im Vordergrund steht, darf man sie nicht in Entscheidungsmomenten beeinflussen wie etwa in einem Telltale-Spiel. Der Plot verläuft streng linear, selbst wenn wir in sehr wenigen Szenen aus mehreren Antworten wählen dürfen.
Die stimmungsvolle Beleuchtung trägt viel zur düsteren Atmosphäre bei. Quelle: PC Games Die stimmungsvolle Beleuchtung trägt viel zur düsteren Atmosphäre bei.

Black Mirror im Test: Steuerung zum Fürchten

Anstelle einer klassischen Point-and-Click-Steuerung wie in den Vorgängern lenkt ihr David mithilfe der WASD-Tasten oder mit dem Gamepad. Die Maus dient lediglich dazu, die wenigen Hotspots zu aktivieren. Egal welche Methode man wählt, Black Mirror spielt sich erstaunlich ungenau. David bleibt immer wieder mal an Umgebungselementen hängen, was besonders in den Abschnitten stört, in denen er von der Ärztin Leah begleitet wird: In diesen Szenen leuchtet sie uns nämlich den Weg und trabt uns dabei langsam hinterher - wir müssen also entweder ständig auf sie warten oder das Haus im Dunkeln erforschen. Hinzu kommt eine problematische Kameraführung, die das Geschehen oft aus ungünstigen Winkeln zeigt. Immerhin: Die wenigen Quicktime-Sequenzen, in denen David um sein Leben kämpfen muss, fallen extrem simpel aus und dürften keinen Adventure-Puristen verschrecken.

Eines der simplen Rätsel: Im Inventar biegen wir uns umständlich den Generelschlüssel zurecht.  Quelle: PC Games Eines der simplen Rätsel: Im Inventar biegen wir uns umständlich den Generelschlüssel zurecht.  Zur unpraktischen Steuerung gesellen sich jedoch störende Ladezeiten: Egal ob man von der Haupthalle ins Kaminzimmer oder vom Essbereich in die Bibliothek geht, bei jedem Raumwechsel fallen mehrere Sekunden an, in denen man nur einen schwarzen Bildschirm anstarrt. Geradezu absurd ist der winzige Flur zwischen Küche und Eingangshalle: Der klitzekleine Raum hat spielerisch keinerlei Funktion, sorgt aber trotzdem für eine zusätzliche Ladezeit. Absolut unnötig! Besonders ärgerlich fallen die Ladepausen in den Konsolenfassungen auf: Während die PC-Version nur für wenige Sekunden unterbricht, kann ein Raumwechsel auf PS4 locker 15 Sekunden beanspruchen - das ist schlichtweg viel zu lang.

Black Mirror im Test: Die Grafik - wenig Licht, viel Schatten

Trotz all dieser Schnitzer ist Black Mirror kein Totalausfall. In seinen besten Momenten zelebriert es klassischen Grusel à la Edgar Allen Poe, in dem David nur mit einer Kerze bewaffnet die stockfinsteren Zimmer des Anwesens erkundet und sich in der morbiden Atmosphäre suhlt. Hier machen die Entwickler guten Gebrauch von ihrer 3D-Engine, etwa wenn der Regen draußen ans Fenster prasselt, während wir die dunklen, teils hübsch gestalteten Gänge erforschen. Zwar strahlt die Kerze so hell wie eine Taschenlampe, doch trotzdem kommt hier gepflegte Schauerstimmung auf, was auch der stimmungsvollen Soundkulisse zu verdanken ist. Da beweist Black Mirror durchaus Qualitäten!

Besonders aus der Nähe zeigt sich, wie unzeitgemäß die Charaktermodelle in Black Mirror aussehen. Quelle: PC Games Besonders aus der Nähe zeigt sich, wie unzeitgemäß die Charaktermodelle in Black Mirror aussehen. Zeigt die Kamera jedoch das Geschehen aus der Nähe, macht sich ein ganz anderer Grusel breit: Viele Texturen sind detailarm und vor allem die Charaktere wirken klobig und unzeitgemäß. Steife Animationen, hölzerne Gesichter, dazu einige unsaubere Szenenübergänge in Zwischensequenzen - mit dieser Inszenierung gewinnt man heutzutage keinen Blumentopf mehr. Ein Eindruck, der sich in den letzten Spielstunden leider noch verstärkt. Hier kamen im Test auch gelegentliche Performanceeinbrüche und einige Bugs hinzu, in denen etwa ein Dialog nicht beendet wurde oder ein Raumübergang nicht funktionierte - da mussten wir dann einen früheren Checkpoint laden.

Black Mirror im Test: Routinierte Sprecher, gute Musik

Die routinierten deutschen Sprecher kennt man bereits aus zig anderen deutschen Adventures. Das mag einigen Spielern zweifellos gefallen, bekommen sie doch gewohnte Qualität geboten. Für andere könnte jedoch genau das ein Problem sein. Denn wie in so vielen Adventures, die seit den frühen 2000er-Jahren erschienen sind, wirkt die Sprachausgabe oft überbetont und bedächtig, teilweise fast abgelesen. Besonders bei der Hauptfigur David, die fast jede Zeile allzu bedeutungsschwanger zum Besten gibt, fühlten wir uns an Black Mirror 2 und 3 erinnert, die mit ähnlichen Betonungsschwächen zu kämpfen hatten. Immerhin: Auf Wunsch kann man auch mit englischen Stimmen und deutschen Untertiteln spielen.
Steif animierte Charaktere und durchschnittliche Sprecher nagen an der Atmosphäre. Quelle: PC Games Steif animierte Charaktere und durchschnittliche Sprecher nagen an der Atmosphäre. Wo die Sprecher gemischte Gefühle hinterlassen, sorgt die Musik für erfreuliche Highlights: Die orchestralen Stücke aus der Feder von Benny Oschmann, der schon Die Zwerge und The Book of Unwritten Tales untermalte, verleihen den besten Momenten von Black Mirror ihre Wirkung. Allerdings wird die Musik nur spärlich eingesetzt und leidet in manchen Zwischensequenzen unter abrupten Szenenwechseln - wofür Oschmann freilich wenig kann.

01:34
Black Mirror: Erster Gameplay-Trailer zum Horror-Adventure von THQ Nordic und King Art

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Black Mirror: Gameplay-Video - Die ersten 20 Minuten aus dem Reboot

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20 Minuten pures Gameplay: Im ungeschnittenen Video zeigen wir euch den stimmungsvollen Einstieg in das neue Grusel-Adventure von King Art und THQ Nordic.

Black Mirror: Erster Gameplay-Trailer zum Horror-Adventure von THQ Nordic und King Art

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Es gibt einen ersten Gameplay-Trailer für das Gothic-Horror-Adventure von King Art / THQ Nordic.

Black Mirror im Test: Wertung und Fazit

Black Mirror gibt's für PC, Xbox One und PS4. Die Xbox-One-Version lag uns nicht zum Test vor.

Wertung zu Black Mirror (PC)

Wertung:

6/10

Wertung zu Black Mirror (PS4)

Wertung:

6/10
Pro & Contra
Stimmungsvolle NeuauflageAtmosphärische BeleuchtungVielversprechender EinstiegGelegentliche SpannungsmomenteOrdentlicher Sound, gute MusikEin paar gelungene Mini-RätselEinsteigerfreundlich
Schwammige SteuerungPer Maus und Tastatur unpraktischTeils störende KameraführungAltbackene InszenierungHäufige Ladezeiten bremsen besonders in Konsolenfassungen den SpielflussGenerelle RätselarmutVorhersehbare HandlungRoutinierte Sprecher, die aber oft zu abgelesen und bedeutungsschwanger agierenÖde Geisterszenen mit schlecht gesetzten CheckpointsMäßiger Umfang (6+ Stunden), wenige LocationsVereinzelte BugsKeine Entscheidungen trotz Fokus auf Story
    • Kommentare (9)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Enisra Großmeister/in der Spiele
        nja, die 60 ist nicht unberechtigt
        aber ich würde das Spiel deswegen nun aber auch echt nicht abschreiben, vielleicht zum Sale dann, weil nun ja, die Wertung sagt halt nicht aus, dass es ein schlechtes Spiel ist

        Ich hätte vielleicht mehr Punkte gegeben, aber das ist ja nicht mein Test
      • Von Enisra Großmeister/in der Spiele
        nja, die 60 ist nicht unberechtigt
        aber ich würde das Spiel deswegen nun aber auch echt nicht abschreiben, vielleicht zum Sale dann, weil nun ja, die Wertung sagt halt nicht aus, dass es ein schlechtes Spiel ist

        Ich hätte vielleicht mehr Punkte gegeben, aber das ist ja nicht mein Test
      • Von TAOO Hobby-Spieler/in
        richtig'Gut Gemacht
      • Von OldShatterhand Nerd
        Zitat von TAOO
        Chackie Chan sagte mal,man sollte sich einen Film anschauen,erst dann kann man Urteilen...
        Er hat auch gesagt, schreibt bitte meinen Namen richtig ;-)
      • Von TAOO Hobby-Spieler/in
        Keine so tolle Wertung.ICH werde es trotzdem Zocken,das hält mich nicht davon ab!Chackie Chan sagte mal,man sollte sich einen Film anschauen,erst dann kann man Urteilen...
      • Von Neawoulf Nerd
        Klingt ja nicht so toll. Ich hatte mich eigentlich sehr auf das Spiel gefreut, aber sieht wohl so aus, als könnte das neue Spiel den Vorgängern nicht das Wasser reichen. Ich denke, ich werde dann wohl Teil 1 bis 3 in guter Erinnerung behalten, ab und zu nochmal spielen und vergessen, dass diese Neuauflage existiert. Wirklich schade, denn Black Mirror 1 bis 3 gehören für mich, zusammen mit Syberia 1 und 2, zu meinen Lieblingen unter den ernsten Point & Click Adventures des neuen Jahrtausends.
      Direkt zum Diskussionsende
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